VW Bulli T1 "Raupen-Fuchs": Einzigartiger Oldtimer wiederbelebt | STERN.de

2022-06-03 18:49:28 By : Ms. Grace Zhang

Als der Volkswagen T1 in den fünfziger und sechziger Jahren gebaut wurde, galt der Bulli zwar als Symbol des deutschen Wirtschaftswunders, aber nicht als Rarität – bis zu seiner Ablösung 1967 produzierte VW immerhin 1,8 Millionen Exemplare. Da ist es wenig verwunderlich, dass die Menschen damals experimentierfreudig waren, wenn es um Umbauten des Transports ging. Was heute aufgrund des hohen Sammlerwerts als Sakrileg erscheint, war damals vollkommen normal.

Und so kam es, dass der Wiener Volkswagen Mechaniker Kurt Kretzner seinen 1962er T1-Bus zu einem Raupenfahrzeug umfunktionierte. Denn damals, so schreibt es Volkswagen, gab es in den Bergen Österreichs offenbar einen Mangel hochgradig geländegängiger Transporter. Für den passionierten Skifahrer kein Zustand.

Und so schuf er innerhalb von sechs Jahren zwei "Raupen-Füchse", wie er das außergewöhnliche Modell taufte. Als Basis diente ein herkömmlicher T1 aus Hannover. Kretzner stattete das Fahrzeug mit einer gelenkten Doppelachse vorne und einer starren Doppelachse hinten aus. Auf die Vorderachse montierte der Mechaniker insgesamt vier Zwillingsreifen, die Hinterachse wurde mit je zwei Rädern ausgestattet, um die der Tüftler eine Kette legte – inklusive Gummipuffern zur Schonung asphaltierter Straßen.

Die Motorisierung passte Kretzner allerdings nicht an. Wie es 1962 üblich war, verrichtete ein 34-PS-Boxer im Heck des T1 sein Werk. Doch aufgrund der Umbauten konnte der "Raupen-Fuchs" seine ursprüngliche Höchstgeschwindigkeit von 95 Kilometern pro Stunde nicht halten. Der knallorangene Off-Road-Bulli brachte es nur noch auf gemächliche 35 km/h.

Ein großer Erfolg wurde der Umbau aber nicht – schon bei der Konstruktion des dritten Fahrzeugs stockte die Produktion, nur selten bekam man das einzigartige Fahrzeug in freier Wildbahn zu Gesicht. Anfang der 1990er Jahre, so schreibt es Volkswagen, ging das Auto an das Porsche-Museum Gmünd. Dort stand es viele Jahre, bis sich der Verein Bullikartei e.V. die Restauration vornahm. Ab 2005 versuchte man, dem "Raupen-Fuchs" neues Leben einzuhauchen, kam allerdings nicht wirklich voran.

2018 erhielt der ursprüngliche Hersteller die Chance, das Auto wieder fahrtüchtig zu machen. In der Sammlung von Volkswagen Nutzfahrzeuge Oldtimer begann endlich der Neuaufbau. Dabei seien die Mechaniker in Hannover vorgegangen, wie es bei allen Werksrestaurierungen der Fall sei: Alles raus, Lack runter und ab ins konservierende KTL-Bad. Anschließend bekam der "Raupen-Fuchs" seine alte Farbe zurück und der Innenausbau folgte.

Die Technik, so VW, sei nun auf einem aktuellen Stand. Ein Blick ins Cockpit verrät: Optisch hat das offenbar keine Auswirkungen, alles sieht aus, wie es in einem T1 sein sollte. Ein Camping-Van wurde nicht aus dem T1, auch wenn dieses Schicksal viele erhaltene Exemplare ereilt. Außer Werkzeughalterungen und spartanischen Sitzmöbeln ist nicht viel zu sehen. 

Und auch wenn die Mechaniker dem wiederbelebten "Raupen-Fuchs" beste Geländeeigenschaften attestieren, dürfte der Bus liebevoll konserviert und in einem Museum zur Schau gestellt werden – ein Arbeitstier, wie es einst sein Schöpfer Kurt Kretzner brauchte, muss der Bulli nicht mehr sein.

© G+J Medien GmbH