GPS-Überwachung bei Kindern: Fürsorgliche oder naive Kontrolle?

2021-11-16 10:48:14 By : Mr. Bruce Lee

Anbieter von Trackern zur GPS-Überwachung von Kindern locken Eltern mit einem Gewinn an Sicherheit und Kontrolle. Aber die Geräte bergen auch Risiken. Datenschutz und Datensicherheit haben für Hersteller oft keine Priorität.

Heutzutage gibt es zahlreiche Möglichkeiten, den eigenen Nachwuchs auf Schritt und Tritt zu überwachen. Die Anbieter werben für mehr Sicherheit und schüren die Ängste der Eltern vor Gefahren des Alltags, wie dem täglichen Schulweg (das „Projekt Schutzschulranzen“ beispielsweise präsentiert in seinem Werbevideo Verkehrsunfallstatistiken für Kinder).

Die angebotenen Geräte sind äußerst vielseitig. Das Smartphone des Kindes kann entweder direkt genutzt werden oder die Kleinen erhalten einen Anhänger für Rucksack oder Schlüsselanhänger, ein Armband oder eine Halskette. Besonders beliebt sind auch Smartwatches, die über eine Tracking-Funktion verfügen. Der in einem Schulrucksack verbaute Tracker des „Protective Satchel Project“ kann sogar mit den IT-Systemen von Autos kommunizieren, um Unfälle zu vermeiden. Allen diesen Geräten gemeinsam ist, dass sie die Positionsdaten des Kindes auf dem Smartphone der Eltern anzeigen lassen, die dann jederzeit den Standort abrufen können.

Es gibt auch Funktionen, um den Bewegungsbereich der Sender auf bestimmte Bereiche zu beschränken. Verlässt der Sender diesen Bereich, gibt das empfangende Gerät eine Warnung aus („Geofencing“). Es gibt auch Geräte mit eingebauten Mikrofonen und Geräte, die eine Sprachübertragung ermöglichen. Dies wird liebevoll „akustische Steuerung“ genannt. Sehr nützlich, um den Krawall für den kleinen Sprössling zu lesen, falls er vom Schulalltag abweicht und unerwartet und zum Missfallen seiner Eltern im örtlichen Kiosk verweilt.

Laut einer Umfrage der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen nutzt die Mehrheit der befragten Eltern derzeit keine GPS-Tracker, aber fast die Hälfte kann sich vorstellen, solche Geräte künftig auch bei ihren Kindern einzusetzen.

Die GPS-Tracker für Kinder stoßen aus datenschutzrechtlicher Sicht auf einige Bedenken. Problematisch ist vor allem die Tatsache, dass die vom Tracker generierten Daten teilweise auf weltweit verteilten Servern gespeichert werden. Die von den Anbietern bereitgestellten Datenschutzinformationen sind oft unzureichend und intransparent. Der Einzelne hat oft wenig Überblick darüber, was genau mit den Daten passiert und wo sie sich befinden.

Geräte, die über ein eingebautes Mikrofon eine Abhörfunktion bieten (oft auch „Babyphones“ oder „Monitorfunktionen“ genannt) sind illegal und von der Bundesnetzagentur sogar verboten. Durch das heimliche Abhören greifen diese Geräte nicht nur ungerechtfertigt in die Rechte des Kindes ein, sondern auch in die Rechte Dritter, die sich in der Nähe des Gerätes aufhalten und somit abgehört werden können.

Für Geräte, die ausschließlich zu Ortungszwecken verwendet werden, besteht hingegen kein telekommunikationsrechtliches Problem. Technisch gesehen verfolgen Eltern ihre eigenen Geräte.

Die DSGVO misst dem Schutz von Kinderdaten einen besonderen Stellenwert bei. In Erwägungsgrund 38 der DSGVO heißt es:

"Kinder verdienen mit ihren personenbezogenen Daten einen besonderen Schutz, da Kinder sich der relevanten Risiken, Folgen und Garantien sowie ihrer Rechte bei der Verarbeitung personenbezogener Daten möglicherweise weniger bewusst sind."

Insbesondere sollten die Aufsichtsbehörden auf besondere Maßnahmen für Kinder achten (Art. 57 Abs. 1 lit. b DSGVO, § 14 Abs. 1 Nr. 2 BDSG) und im Rahmen der Transparenzpflichten gem. 12 Absatz 1 Satz 1 DSGVO wird darauf hingewiesen, dass der dort gesetzte Standard insbesondere für an Kinder gerichtete Informationen gilt. Daher ist bei der Verarbeitung von Kinderdaten besondere Sorgfalt geboten.

Das GPS-Tracking von volljährigen Personen ist ohne deren Einwilligung grundsätzlich nicht gestattet. Bei Minderjährigen ist dies jedoch nur teilweise der Fall. Natürlich sind auch Kinder Träger von Grundrechten. Auch ihnen steht aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG ein Recht auf Privatsphäre oder ein Recht auf informationelle Selbstbestimmung zu. Auch die UN-Kinderrechtskonvention gibt Kindern das Recht auf Privatsphäre. Dort heißt es in Art. 16 Absatz 1:

„Kein Kind darf willkürlichen oder rechtswidrigen Eingriffen in sein Privatleben, seine Familie, seine Wohnung oder seine Korrespondenz oder eine rechtswidrige Schädigung seiner Ehre oder seines Rufs ausgesetzt werden“

Auf der anderen Seite steht jedoch das Erziehungsrecht der Eltern (aus Art. 6 Abs. 2 GG). Eine Folge dieses Rechts ist § 1626 Abs. 1 BGB, der den Eltern die persönliche Betreuung des Kindes auferlegt. Es ist daher erforderlich, die allgemeinen Persönlichkeitsrechte des Kindes gegen die Schutzrechte und Fürsorgepflichten der Eltern abzuwägen. Denkbar ist, dass eine solche Abwägung zugunsten der Eltern ausfällt, solange das Tracking nicht heimlich erfolgt und keine Abhörfunktion genutzt wird. Daher kommt es immer auf die genaue Funktionalität des Trackers an. Aber die Rechtslage ist hier nicht ganz klar.

In der Vergangenheit sind viele Anbieter von GPS-Trackern speziell für Kinder aufgrund mangelnder Datensicherheit aufgefallen. Insbesondere Smartwatches sind häufig betroffene Produkte. Der norwegische Verbraucherverband entdeckte Sicherheitslücken in Smartwatches verschiedener Hersteller, die es Dritten ermöglichten, die Uhr zu kontrollieren und so zu verfolgen, zu belauschen, mit dem Kind zu kommunizieren und sogar den falschen Standort zu übermitteln. Zudem war es teilweise nicht mehr möglich, seine Daten oder sein Benutzerkonto zu löschen.

Besonders gravierend war der Fall eines chinesischen Herstellers, als die Daten von über 5000 Kindern (Namen, Adressen, Alter, Bilder, übertragene Sprachnachrichten, Echtzeit-GPS-Daten) unverschlüsselt auf dem Server des Herstellers lagen. Aber auch europäische Hersteller, wie Unternehmen aus Österreich und Deutschland, wurden wegen mangelnder Datensicherheit kritisiert. Auch bei dem oben erwähnten „Protective Satchel Project“ wurde eine Sicherheitslücke entdeckt und nun gestoppt. Auch hier könnten sich Dritte Zugriff auf die Daten der Uhr verschaffen.

Vor allem die unverschlüsselte Datenübertragung und die Verwendung von Standard-Passwörtern à la „123456“ für einige der Geräte sind ein Hit für potenzielle Angreifer. Obwohl in den meisten der genannten Fälle die Sicherheitslücken geschlossen und der Verkauf der Geräte eingestellt wurde, wird es wohl auch in Zukunft "schwarze Schafe" auf dem Markt geben und neue Einstiegswege für potentielle Angreifer können es nie geben komplett ausgeschlossen.

Sinnvoll ist natürlich zunächst, dass die Eltern durch das GPS-Tracking ihrer Fürsorgepflicht viel umfassender nachkommen können und die Kindererziehung dadurch vermeintlich einfacher wird. Schließlich wissen Sie dank des Trackers immer, wo sich der Nachwuchs gerade aufhält und ob es spürbare Abweichungen vom Tagesablauf gibt oder ob im Notfall eingegriffen werden muss. Es ist nicht zu leugnen, dass mit einem GPS-Tracker mehr Kontrolle und Sicherheit erreicht werden kann.

Allerdings bergen die Geräte eine Reihe von Fallstricken und Problemen. Manche lassen sich einfach entfernen, der Akku kann sich unterwegs entladen, Schäden können auftreten und selbst ein Tracker kann an Orten mit schlechter Netzabdeckung kein Signal senden. Es besteht daher die Gefahr, dass Eltern glauben, ein falsches Sicherheitsgefühl zu haben. Zudem werden Datenschutz und Datensicherheit nicht von allen Anbietern gewährleistet. Die Gefahr, dass Dritte auf die von den Trackern aufgezeichneten geografischen und anderen Daten der Kinder zugreifen können, ist sehr groß. Darüber hinaus nutzen einige EU-Anbieter Dienste von Unternehmen, die Daten außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums verarbeiten, nämlich in Ländern mit deutlich niedrigerem Datenschutzniveau.

Es stellt sich daher die Frage, ob der durch den GPS-Tracker erreichte Kontrollgewinn die Risiken rechtfertigt oder ob es andere, weniger drastische Möglichkeiten gibt, den Bildungsauftrag zu erfüllen. Das liegt letztlich an den Eltern selbst.

Letztlich kann es für Kinder vorteilhafter sein, sie in alltäglichen Fähigkeiten zu trainieren und ihnen zu vertrauen, anstatt sich auf die Betreuung durch eine permanente GPS-Überwachung zu verlassen. Wenn jedoch Angst und der Wunsch nach stärkerer Überwachung die Situation überwiegen und man dem Kontrollzwang nachgeben möchte, ist es ratsam, den Anbieter eines GPS-Trackers auf jeden Fall sehr sorgfältig auszuwählen. Dazu gehört, sich die Zeit zu nehmen, die Datenschutzerklärung und die Nutzungsbedingungen zu lesen und Anbieter zu meiden, die hier keine ausreichenden oder intransparenten Informationen bereitstellen oder die Daten an unseriöse Dritte weitergeben. Eine Internetrecherche, um festzustellen, ob der Anbieter bereits wegen mangelnder Datensicherheit aufgefallen ist, wäre ratsam.

Nach § 1626 Abs. 2 BGB sollen Eltern Fragen der elterlichen Sorge besprechen und eine Einigung mit dem Kind suchen, soweit dies ihrem Entwicklungsstand angemessen ist. Das Kind sollte daher nach Möglichkeit in den Kauf eines GPS-Trackers eingebunden, informiert und um Zustimmung gebeten werden.

Der Beitrag wurde von Dr. Datenschutz verfasst. Unsere Mitarbeiter, in der Regel Rechtsanwälte mit IT-Kenntnissen, veröffentlichen Artikel unter diesem Pseudonym. mehr →

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Vielen Dank für diesen aufschlussreichen Beitrag.

Ich finde, dieser Satz bringt es am besten auf den Punkt: "Letztendlich ist es für Kinder möglicherweise vorteilhafter, sie in alltäglichen Fähigkeiten zu trainieren und ihnen zu vertrauen, anstatt sich auf die Betreuung durch permanente GPS-Überwachung zu verlassen."

Irgendwie bin ich sehr froh, meine Kindheit in einer Zeit ohne Handys und GPS-Tracking erlebt zu haben. Auch meine Eltern waren sicher um meine Sicherheit und die meiner Geschwister besorgt. Aber es gab ein Bewusstsein für die Gefahren des Lebens und ein gegenseitiges Vertrauen. Wir konnten uns mit unseren Freunden treffen, was übrigens auch ohne lange Besprechungsrunden über WhatsApp oder ähnliches funktionierte, und mussten uns verabreden, um 18 Uhr (oder wenn es dunkel wurde) wieder zu Hause zu sein.

Auch damals gab es sicherlich Kinderschänder und andere Gestalten mit finsteren Absichten. Doch das Thema war in den Medien nicht allgegenwärtig und man wurde von den Eltern auf die Gefahren aufmerksam gemacht – jeweils altersgerecht.

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