Diana-Film „Spencer“: So punktet Kristen Stewart als Lady Di - Kinostart: 13.1.2022

2022-05-27 18:59:21 By : Ms. Sherly Woo

Lady Di in „Spencer“ zu verkörpern war für Kristen Stewart sicher nicht die leichteste Aufgabe ihrer Karriere. Ausgerechnet die „Königin der Herzen“, von der vermutlich alle ihr eigenes Bild im Kopf haben: Stilikone, Mutter der Prinzen William und Harry, unglückliche Gattin von Prinz Charles. Andererseits: Öder als das Diana-Biopic von Oliver Hirschbiegel mit Naomi Watts konnte es ja gar nicht werden. Und wenn einer weiß, wie es ist, von der Presse verfolgt zu werden, dann Kristen Stewart.

Die kann ein Lied davon singen, was sich die Presse alles über sie ausdachte, als sie noch die Freundin von Robert Pattinson war: „Mal leben wir zusammen, dann macht er mit mir Schluss. Vielleicht bin ich auch schwanger und verheiratet waren wir im letzten Jahr auch ein paar Mal“, seufzte sie bei unserem „Twilight“-Interview im Jahr 2010. Und es kam noch schlimmer, als sie ihn mit Regisseur Rupert Sanders betrog und erst recht, als sie sich dazu entschied, auch Frauen zu daten. Bei den Dreharbeiten zu „Spencer“ war es kein Stück besser, zum Teil verließ Kristen Stewart das Hotel im Kofferraum eines Autos. „Wenn ich auf Promo-Tour bin, ist alles künstlich“, sagte sie uns schon im Jahr 2010.

Doch nicht nur mit Lady Dis Hadern mit der Presse konnte Kristen Stewart was anfangen. In „Spencer“ ist auch bei den britischen Royals im Schloss alles künstlich – und wenig herzlich. Sensibel fühlt sich Kristen Stewart ein in die Rolle der schüchternen Lady Di – geliebt von Millionen und ausgerechnet in ihrem intimsten Bereich, ihrer Ehe, abgelehnt vom eigenen Partner. Und genau davon, fiktional etwas angereichert, handelt „Spencer“ von Pablo Larraín. Der inszenierte schon wie unter dem Brennglas Natalie Portman als Jackie Kennedy nach dem Tod von JFK.

Bei „Spencer“ sind es drei Tage an Weihnachten 1991 mit der Royal Family in Schloss Sandringham, die für Diana zur Hölle werden. Dass ihr untreuer Gatte Prince Charles (Jack Farthing gibt ihn passenderweise eher farblos) die Vorhänge zunähen lässt, damit Paparazzi Diana nicht beim Umziehen fotografieren, ist noch eins ihrer geringsten Probleme. Dass er der bulimischen Diana bei Tisch zuraunt, sie möge das schöne Essen doch nicht gleich wieder erbrechen, schon eher. Macht sie natürlich trotzdem – vor unseren Augen. Aber so stilvoll melancholisch, wie alles, was sie hier tut.

Dass Diana im Film das Gefühl hat, ihr erschiene Anne Boleyn, die einst ihr Gatte Heinrich VIII. enthaupten ließ, damit er seine neue Flamme ehelichen konnte, wirkt etwas dick aufgetragen – ungefähr so dick wie die Perlenkette, die Charles Di zu Weihnachten geschenkt hat. Das gleiche Modell hat er offenbar schon vorher Camilla Parker Bowles verehrt. Sie braucht gar nicht ständig anwesend zu sein, um zu verdeutlichen, wie „überfüllt“ Dianas Ehe mit der Dritten im Bunde ist. Da reicht ein kurzer Kameraschwenk auf Camilla vor der Kirche von weitem. Und die Kette? Sie liegt wie ein zu enges Hundehalsband um Kristen Stewarts Hals. Lady Di wird sich im Laufe von „Spencer“ einiges vorstellen, was mit den gigantischen Perlen alles passieren könnte.

Ein bisschen befremdlich ist er schon, dieser sehr bedächtig erzählte Film, der dem Zuschauer eine manchmal sperrige Lady Di mit Wahnvorstellungen zumutet. Eine, die wählerisch ist beim Personal und auch mal mault, dass das Kleid nicht zu ihrem Gemütszustand passt. Aber auch eine Frau, die ihre Söhne liebt, auch wenn sie ihnen eher eine große Freundin ist als eine Mutter. Nein, man könnte verstehen, wenn sich William und Harry das nicht ansehen wollen, auch wenn die Szenen mit den beiden Kindern die nettesten im ganzen Film sind.

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In den ersten Einstellungen wirkt Kristen Stewart etwas linkisch als Lady Di, fast ein wenig aufgesetzt. Doch man gewöhnt sich schnell daran, und vergisst, dass die mit 1,65 Meter eher zierliche Kristen Stewart deutlich kleiner ist als Lady Di es war. Fast verloren wirkt sie manchmal in den schulterpolsterlastigen Outfits.

Dass wir sie trotzdem akzeptieren in der Rolle, liegt nicht an der Zahnprothetik oder der Lady-Di-Signature-Fönfrisur – da haben auch die Masken- und Kostümbildner von „The Crown“ ganze Arbeit geleistet. Sondern an der verletzlichen Mischung aus leicht eckiger Schüchternheit, Sinnlichkeit und Getriebenheit, die Kristen Stewart hier zur Schau stellt. Wer sich an Lady Dis Auftritte in der Öffentlichkeit erinnert, erkennt dann doch einiges von ihr wieder. Dass sie uns das wieder vor Augen führt, ist das große Verdienst von Kristen Stewart, deren eigenwillige Darstellung das Sehenswerte in einem ansonsten eher unterkühlten Film ist. (mzi)

Fotos: Splash News, WENN Entertainment, GettyImages, dpa